Kinder freuen sich das ganze Jahr darauf, Eltern haben oft angesichts der Mengen ein ungutes Gefühl: Weihnachtsgeschenke. Dabei sind es nicht immer die materiellen Dinge, die den Kindern wirklich Freude bereiten. Frau Mag. Irene Fitz, Psychologin der aks gesundheit, appelliert: Mehr Zeit miteinander verbringen, statt große Geschenke machen.
Kann man Kinder zu Weihnachten „überschenken“?
Fitz: Grundsätzlich ist es nicht schlimm, Kinder hin und wieder richtig zu verwöhnen, besonders zu Weihnachten. Solange dies die Eltern tun, um ihren Kleinen wirklich eine Freude zu machen und nicht etwa aus schlechten Gewissen, weil sie zu wenig Zeit mit ihnen verbringen.
Warum machen sich die Eltern wegen der Geschenke solche sorgen?
Fitz: Ob Onkel, Tante, Oma oder Opa: Alle möchten die Kinder großzügig verwöhnen. So kann ein Wettkampf nach dem Motto „Wer bringt das größere Geschenk?“ entstehen. Dann stürzt eine Flut von Päckchen auf die Kinder ein und überfordert sie. Die momentane Freude ist zwar groß, doch sie ist oft nur von kurzer Dauer und erzeugt eine sehr hohe zukünftige Erwartungshaltung. Die Kinder können sich über kleinere Geschenke kaum noch freuen.
Sie meinen, die Freude hält nicht an?
Fitz: Kinder sind schnell gesättigt, wenn sie oft neue Spielsachen oder Geschenke bekommen. Sie beginnen dann, den Wert eines Geschenkes anhand der Größe zu messen und bringen dies mit dem eigenen Selbstwert in Verbindung. „Wenn ich große Geschenke bekomme, bin ich anderen etwas Wert, sonst nicht.“
Welche Auswirkung hat das auf den Selbstwert des Kindes?
Fitz: Gerade Kinder, die wenig Liebe, Zeit und Zuwendung erhalten, beginnen, den Wert von Beziehungen an materiellen Leistungen zu messen. Dabei haben Kinder eigentlich nichts lieber, als Zeit mit geliebten Menschen zu verbringen, das bestätigen auch aktuelle Studien aus Vorarlberg.
Soll man dann überhaupt große Geschenke zu Weihnachten in Betracht ziehen?
Fitz: In unserem Kulturkreis werden besonders zu Weihnachten „große“ Geschenke erwartet. Hat Ihr Kind einen großen Wunsch, verpacken Sie das Geschenk doch in Einzelteile. So kann jeder einen Teil davon schenken und das Präsent sieht gleich viel größer aus. Zudem erhöht es die Vorfreude, wenn sich Kinder auf ein gewünschtes, lang ersehntes „großes“ Geschenk freuen dürfen
Was für einen Nutzen hat die Vorfreude?
Fitz: Alleine schon die Aussicht auf das bevorstehende Geschenk macht gute Stimmung. Außerdem fördert es die Entscheidungskompetenz, wenn sich Kinder aus der Fülle an Angeboten erst einmal etwas aussuchen und ihnen erklärt wird, dass man nicht immer alles haben kann. Dabei lernen Kinder abzuwarten, ihre Bedürfnisse aufzuschieben und Rücksicht zu nehmen. In weiterer Folge erhöht sich dadurch die Frustrationstoleranz und Geduld.
Wie kann ich die Geschenkmenge einschränken?
Fitz: Eine mögliche Strategie ist, feste Regeln zu vereinbaren. Das heißt, jedes Familienmitglied darf sich zu Weihnachten etwas wünschen, es darf auch ruhig einmal etwas Größeres sein. So bekommt jeder, was sie oder er möchte und die Frage der Menge erübrigt sich. Wenn man dann auch noch das Weihnachtsfest gemeinsam feiert und die leuchtenden Augen der Kinder sehen kann, haben alle mehr davon.
Freunde und Verwandte bringen aber ebenfalls Geschenke mit…
Fitz: Sprechen Sie sich schon im Vorfeld ab und definieren Sie den Rahmen der Geschenke. Kinder wünschen sich oft Dinge, die Eltern lieber vermeiden wollen. Freunde und Verwandte sollten das berücksichtigen, denn die Eltern sind verantwortlich für das Wohl und Gedeihen ihrer Kinder und haben meist ein gutes Gespür, was diese wirklich brauchen – häufig sind es nicht einmal materielle Dinge.
Also gibt es auch für Freunde und Verwandte Alternativen zu materiellen Geschenken?
Fitz: Ein Adventskalender muss beispielsweise nicht immer Schokolade beinhalten: Überraschen Sie Ihre Lieben mit Gutscheinen für Ausflüge ins Hallenbad oder eine Rodelpartie. Sie bereiten nicht nur dem Kind eine Freude und schöne Erinnerung, sondern schenken den Eltern zusätzlich Zeit.
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